DIE LINKE zu den Forderungen des Deutschen Schwerhörigenbundes
Welche Positionen bezieht DIE LINKE zu den Forderungen:
- Solidarität und Gesundheit
- Ausbildung und der Abbau kommunikativer Barrieren
- Teilhabe ermöglichen
- Zugang zur Bildung erleichtern
- Berufliche Teilhabe sichern
DIE LINKE lehnt Zuzahlungen generell ab -nicht nur bei Hörhilfen. Zuzahlungen benachteiligen Menschen mit Krankheiten, insbesondere Menschen mit chronischen Krankheiten. Sie sind sozial ungerecht, sorgen für jede Menge verzichtbare Bürokratie, belasten Menschen mit geringen finanziellen Mitteln besonders stark und verschlechtern die Adhärenz in der Therapie. Die von Befürwortern von Zuzahlungen propagierten "Steuerungseffekte" sind Humbug, es sei denn man will ärztlich verordnete Leistungen wegsteuern. Denn alle Zuzahlungen existieren nur auf ärztlich bereits verordnete Leistungen. Weltweit konnten auch bislang noch keine positiven Steuerungseffekte von Zuzahlungen nachgewiesen werden. Wir haben deshalb mehrfach die Abschaffung aller Zuzahlungen gefordert, bislang aber nur bei der Praxisgebühr Erfolg gehabt. Für Aufzahlungen gilt sinngemäß das Gleiche. Deshalb ist es uns wichtig, dass alle Leistungen in hoher Qualität und auf dem Stand der Wissenschaft vollständig als Kassenleistung erbracht werden. Wir fordern die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung und zu einem umfassenden Leistungskatalog, in dem auch die notwendigen Hilfsmittel enthalten ist. Man darf auch an den Zähnen erkennen, ob jemand viel oder wenig Geld hat.
Eine Sehhilfe muss ebenso in den vollständigen Leistungen der Kranken- und Pflegekassen enthalten sein, wie die Hörhilfe oder ein Rollstuhl. Wir fordern einen Weg hin zu einer solidarischen Bürgerversicherung; das ist die Anforderung unserer Zeit. Mit der Unterzeichnung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung steht auch Deutschland vor der Aufgabe, das Bildungssystem inklusiv umzugestalten. Dabei gibt es auch im Schulbereich erheblichen Nachholbedarf. Inklusive Bildung erfordert nicht nur gut vorbereitete Lehrkräfte und andere pädagogische und therapeutische Fachkräfte, sondern teilweise auch andere Lehr- und Lernmittel, eine andere technische und räumliche Ausstattung der Schulen und des Schulumfeldes und natürlich auch Schulgebäude mit Arbeits- und Lernbedingungen, mit denen man die neuen Herausforderungen gut meistern kann. Im Bereich Bildung erfordert es eine grundlegend neue Lehr- und Lernkultur, die alle Lernenden in ihrer Individualität respektiert und wertschätzt, die die Fähigkeiten jeder und jedes Einzelnen erkennt und fördert und zum bestmöglichen Lernerfolg führt. Dazu bedarf es zusätzlicher Ressourcen, wie ausreichenden und barrierefreien Raum, die Ausstattung mit Lehr-, Lern- und Hilfsmitteln, mehr gut ausgebildetes Personal und pädagogische wie therapeutische Unterstützungssysteme. Die individuelle Förderung muss den Lernenden folgen, nicht umgekehrt. Das aufwändige Antragssystem muss entbürokratisiert und rechtlich zusammengeführt werden. Für Schule, Hort und außerschulische Bildungsangebote dürfen keine unterschiedlichen Standards und Rechtsansprüche gelten. Was für einen Lernort gewährt wurde, muss auch für die anderen in gleicher Weise zur Verfügung stehen. Bildung ist zwar Ländersache, aber die Umsetzung inklusiver Bildung ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Auch im Bereich der Umsetzung von inklusiver Bildung muss die Kooperation zwischen Bund und Ländern darum ausgebaut und das Kooperationsverbot in der Bildung komplett aufgehoben werden. Darüber hinaus muss dafür Sorge getragen werden, dass die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in allen sie betreffenden Bereichen inklusiv ausgerichtet ist. Die Verantwortlichkeit für die Kinder, Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen mit Behinderung ist bei der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII mit Rechtsanspruch anzusiedeln. Dort ist auch auf den im SGB II, IX und XII festzuschreibenden Anspruch auf bedarfsgerechte, einkommens- und vermögensunabhängige Teilhabeleistungen wie beispielsweise für persönliche Assistenz und selbstverständlich für benötigte Hilfsmittel zu verweisen.
Leider ist das beschlossene Bundesteilhabegesetz (BTHG) nicht menschenrechtskonform im Sinne der UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ausgestaltet worden. Es gibt zwar einige Verbesserungen wie beispielsweise bei der Anrechnung von Einkommen und Vermögen der Angehörigen, durch das eingeführte Budget für Arbeit oder die unabhängige Beratung. Das BTHG wurde aber mit vielen Kostenvorbehalten und Öffnungsklauseln zur Kosteneinsparung für die Bundesländer und Kommunen sowie für die Kostenträger verabschiedet. Damit werden weiterhin Einweisungen in Einrichtungen gegen den ausdrücklichen Willen von Menschen mit Behinderungen möglich sein. Dadurch werden das Wunsch- und Wahlrecht sowie das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen stark eingeschränkt. Diese Kostenvorbehalte gipfeln in der Ermöglichung der gemeinschaftlichen Erbringung von Leistungen (Zwangspooling). DIE LINKE teilt die Kritik von Selbstvertretungsorganisationen und Verbänden am BTHG und am geltenden Teilhaberecht ausdrücklich. Auch findet sich im BTHG keine Definition von Assistenz gemäß der UN-BRK und keine bedarfsgerechte und vollständig einkommens- sowie vermögensunabhängige Gewährleistung von Assistenzleistungen in allen Lebensbereichen (insb. im Arbeitsbereich aber auch im Ehrenamt und bei Freizeitaktivitäten).
Diese Menschenrechtsverletzungen müssen umgehend behoben werden. DIE LINKE hat die Überarbeitung des Teilhaberechts auf Grundlage der UN-BRK gefordert (Bundestagsdrucksache 18/10014) und wird dafür auch zukünftig streiten. DIE LINKE hat auf Bundesebene schon lange vor der Verabschiedung des BTHG in Ihrem Antrag für ein BTHG (Bundestagsdrucksache 18/1949) die Gewährleistung der vollen und wirksamen Teilhabe aller Menschen mit Behinderungen gefordert, gemäß der UN-BRK mit gleichen Wahlmöglichkeiten wie andere Menschen in der Gemeinschaft zu leben, ohne dass ihnen eine Lebensform – zum Beispiel im Heim – aufgezwungen wird. Dafür muss flächendeckend eine soziale, inklusiv ausgestaltete Infrastruktur und umfassende Barrierefreiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen geschaffen sowie der Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte, einkommens- und vermögensunabhängige Teilhabeleistungen – beispielsweise für Assistenz – in allen Lebensbereichen und -phasen festgeschrieben werden. Dazu gehört auch eine Pauschale wie ein anrechnungsfreies, bundesweit einheitliches Teilhabegeld. Dieses gleicht behinderungsbedingte Nachteile finanziell aus. Dies ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen – insbesondere auch für blinde und sehbehinderte sowie taube oder taubblinde Menschen.