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CI-Versorgung im Umbruch

08. März 2024

Neues optogenetisches Forschungszentrum

An der Uni Göttingen fließen in den kommenden Jahren mehr als 90 Millionen Euro ein die optogenetische Forschung. Interessant für CI-Träger ist das Else Kröner Fresenius Zentrum (EKFZ) für Optogenetische Therapien, weil Taubheit neben Blindheit, Magenlähmung und Bewegungsdefizite einer der Schwerpunkte ist.

Verantwortliche für das optogenetische Zentrum an der Uni Göttingen

(V.l.n.r.) Prof. Dr. Michael Madeja, Vorstandsvorsitzender der Else Kröner-Fresenius-Stiftung (EKFS), Falko Mohrs, Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur, Prof. Dr. Wolfgang Brück, Universitätsmedizin Göttingen (UMG), Dr. Tanja Dangmann, EKFS und Prof. Dr. Tobias Moser, designierter Sprecher des Else Kröner Fresenius Zentrums (EKFZ) für Optogenetische Therapien. Foto:umg/spförtner
 

Die Forschung zur Weiterentwicklung von „Hören mit Licht“ und weiteren optogenetischen Therapien wird maßgeblich beschleunigt, teilen die Initiatoren des Forschungsprojekts mit. „Die Hörforschung hilft bereits heute vielen Menschen weit über Niedersachsen hinaus. Mit dem neuen Verfahren wird eine innovative Methode entwickelt und innerhalb der nächsten zehn Jahre bis in die Anwendung gebracht“, sagt Falko Mohrs, Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur.

Zellen über Licht steuern

Ziel des neuen fachübergreifenden Forschungszentrums ist es, das große Potenzial der Optogenetik – die Steuerung der zellulären Aktivität mit Licht mittels lichtempfindlicher Proteine (Opsine) – für die klinische Medizin nutzbar zu machen. „Die Optogenetik ermöglicht eine gezielte Steuerung von Organen mit Licht und verspricht eine Verbesserung der klinischen Versorgung im Vergleich zu herkömmlichen elektrischen Medizinprodukten wie beispielsweise Cochlea-Implantaten. Diese erlauben aufgrund der ungenauen elektrischen Stimulation insbesondere beiHintergrundgeräuschen nur ein eingeschränktes Sprachverständnis“, erklärt Prof. Dr. Tobias Moser, Direktor des Instituts für Auditorische Neurowissenschaften der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) und Sprecher des Exzellenzclusters „Multiscale Bioimaging: Von molekularen Maschinen zu Netzwerken erregbarer Zellen“ (MBExC).

Neuartige Gentherapie

Die Entwicklung dieser Therapieansätze basiert auf einer neuartigen Gentherapie, bei der die Optogenetik eingesetzt wird. Hierbei wird die zelluläre Aktivität mit Licht kontrolliert, um das Hören, das Sehen und motorische Funktionen wiederherzustellen. Um dies zu ermöglichen, müssen die „molekularen Lichtschalter“ und die viralen „Genfähren“ optimiert werden, also die lichtempfindlichen Proteine und die Viren, die die Baupläne für diese Proteine in die Zielzellen transportieren. Des Weiteren wird das Immunsystem auf die Behandlung vorbereitet, damit der Körper die neuartigen Therapien toleriert. Die Forscher*innen und Ärzt*innen aus Göttingen, Hannover und Freiburg werden Patient*innen und Organisationen von Anfang an einbeziehen, um ihre Perspektiven, Bedürfnisse und Bedenken zu berücksichtigen, sie über neue Therapien zu informieren und für klinische Studien zu gewinnen. Das Spektrum des EKFZ für Optogenetische Therapien reicht von grundlegenden Strategien für optogenetische Therapien über umfassende Studien im Labor bis hin zu frühen klinischen Studien am Menschen.

DCIG begrüßt den Forschungsansatz

Heute geht es schon längst nicht mehr „nur“ um das Verstehen von Sprache im Allgemeinen. Es geht um die emotionalen Zwischentöne, um Sprachverstehen in allen Lebenslagen, um Konzertbesuche und Musikgenuss. Daher unterstützen wir, die Selbsthilfe der CI-Träger, jegliche Forschung, die dazu beiträgt, die vielen Nuancen im Höralltag noch besser wahrzunehmen. Damit wir am Flurfunk mit den Kollegen genauso gleichberechtigt teilnehmen können wie beim Klönen in der Kneipe. Das CI hat Erfolgsgeschichte geschrieben, keine Frage. Aber das natürliche Gehör hat es noch nicht ersetzen können. Umso spannender und vielversprechend erscheint die Forschung an einem optischen CI, die wir weiterhin mit großem Interesse verfolgen. 

Quantensprung und Katalysator der Forschung

Professor Doktor Thomas Zahnert, Leiter des Sächsischen Cochlear Implant Centrum, SCIC, lobte die neue Einrichtung als Quantensprung einer visionären Politik, einer innovativen Stiftung und einer herausragenden Einrichtung. Sein Kollege Professor Doktor Eberhard Zrenner, ehemals Direktor des Forschungsinstituts für Augenheilkunde an der Universitäts-Augenklinik Tübingen betonte, dass das Ohr bisher das einzige Sinnesorgan sei, für das es Prothesen gebe. Mit der Forschung verbindet er die Hoffnung, die Qualität extrem zu verbessern. Es würden Katalysatoren gebraucht. Andere Disziplinen mit weitaus mehr Input würden die Forschung vorantreiben. 

Große Herausforderung: Gentherapie und optische Medizintechnik kombinieren 

Optogenetische Therapien kombinieren Gentherapie und optische Medizintechnik. Sie bieten eine breitere Anwendbarkeit als herkömmliche Gentherapien und versprechen eine höhere Wirksamkeit als derzeitig verfügbare Medizinprodukte wie beispielsweise das seit vielen Jahren verwendete elektrische Cochlea-Implantat. Diese Therapien sind jedoch auch mit erhöhten regulatorischen Herausforderungen verbunden, das heißt die Zulassung dieser Therapien unterliegt höheren Sicherheitsanforderungen, die erfüllt werden müssen. Der Grund: Hier muss neben einem Medizinprodukt, dem optischen Implantat, auch gleichzeitig ein Therapeutikum zur gentherapeutischen Behandlung der Zielzellen zugelassen werden. Diese Kombination von zwei verschiedenen Produkten mit jeweils unterschiedlichen Anforderungen erhöhen die Komplexität des Zulassungsprozesses.

Else Körner-Fresesnius Stiftung, Land und Uni teilen Kosten

Finanziert wird das Projekt über die nächsten zehn jähre mit 37,4 Millionen Euro von der Else Kröner-Fresenius Stiftung. Das Land Niedersachen und die Universitätsmedizin Götting beteiligen sich mit 22, 6 Millionen Euro. Weiter 32,7 Millionen Euro will das Land Niedersachsen für einen Forschungsneubau ausgeben. Er soll ab 2026 gebaut werden.

Ein ausführliches Interview mit Professor Doktor Tobias Moser lesen sie in der neuen Schnecke 123, die im März erscheint.


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