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CI-Versorgung im Umbruch

17. Juli 2023

Hotels mit exzellentem Service – aber nicht für hörbehinderte Gäste

Die Tourismusbranche hat in puncto Barrierefreiheit aufgeholt. Doch gerade im Gastgewerbe gibt es noch großen Nachholbedarf. Es fehlt an Sensibilität und Investitionsbereitschaft.

Die Corona-Pandemie ist so gut wie vorbei, endlich können wir wieder reisen und kulturelle Veranstaltungen ohne Maske besuchen! Doch wie sieht es im Tourismus mit der Barrierefreiheit für Hörbehinderte aus? Eine äußerst positive Entwicklung ist, dass immer mehr Städte Führungen mit Gebärdensprachdolmetschern oder über eine App anbieten. Auch Museen legen verstärkt Wert darauf, ihre Ausstellungen und weiteren Angebote für Schwerhörige und Gehörlose ebenfalls barrierefrei zu gestalten. Einige Museen, beispielsweise die Bundeskunsthalle Bonn, bilden sogar taube Kunstführerinnen und Kunstführer aus, die dann in ihrer Muttersprache in der Deutschen Gebärdensprache Führungen anbieten. Die Adressen dieser Museen und Stadtführungen listet das Infoportal für Hörbehinderte und Gehörlose online auf deafservice.de. Zurzeit findet man hier bundesweit bereits 35 Museen alleine mit gebärdensprachlichen Führungen.

Hoteliers investieren zu wenig in Serviceleistungen für hörbehinderte Gäste

Zu einem ganzheitlichen barrierefreien Tourismuskonzept gehört, dass Hotels und andere Unterkünfte auch Hörbehinderten einen barrierefreien Aufenthalt ermöglichen. Die Realität ist meist eine andere. Das Problem liegt zum einen darin, dass Hoteliers immer noch zu wenig für das Thema „hörbehinderte Gäste“ sensibilisiert sind. Da Hörbehinderung eine unsichtbare Behinderung ist, merken die meisten Mitarbeitenden in den Hotels gar nicht, welche Probleme Hörbehinderte haben. Das fängt schon bei der Anmeldung an: Wenn das Personal zu leise oder undeutlich spricht oder wenn es zu viele Nebengeräusche in der Empfangshalle gibt, kann es trotz Hörgeräten eine echte Herausforderung sein, zu verstehen, was gefragt wurde. In solchen Fällen wäre eine mobile Ringschleife – bei Neubauten eine fest installierte Induktionsschleife – eine große Hilfe. Der Gast könnte sein Hörgerät oder CI einfach umstellen und schon würde er alles hören und verstehen.

Das führt genau zum zweiten Problem: Viele Hoteliers sind gar nicht bereit, für Gäste mit Hörbehinderungen in Serviceleistungen zu investieren. Ich habe mich auf der Internationalen Tourismusbörse Berlin (ITB) bereits mehrfach mit Hoteliers über dieses Thema unterhalten und musste mir Sätze anhören, wie: „Solange ich nicht gesetzlich verpflichtet werde, schaffe ich kein Equipment für hörbehinderte Gäste an.“ oder: „Es hat doch bis jetzt auch geklappt.“​ Dabei lässt sich heute jedes Hotelzimmer in wenigen Minuten mit einem mobilen Traveler Set, das Funkruftaste, Empfängerwecker, Vibrationskissen und Alarmmonitor beinhaltet, für Schwerhörige und Gehörlose barrierefrei einrichten. Die Anschaffungskosten sind sehr überschaubar und das Equipment ist leicht zu installieren beziehungsweise wieder abzubauen.

Vorbild USA: Barrierefreiheit ist eine Selbstverständlichkeit

In den USA habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht. Dort reichte es, wenn ich beim Einchecken erwähnte, dass ich schwerhörig bin – bereits kurz darauf wurde mein Zimmer mit den nötigen Hilfsmitteln ausgestattet. Ich konnte nachts ruhig schlafen, da ich wusste, dass der Lichtwecker mich am nächsten Morgen zur einprogrammierten Zeit wecken wird. Ich musste mich auch nicht erschrecken, weil plötzlich jemand aus dem Housekeeping Team im Zimmer hinter mir steht, da ich das Anklopfen an der Tür durch ein Blitzlicht wahrnehmen konnte. Genau diese Barrierefreiheit könnten Hoteliers in Deutschland auch verwirklichen. Technisch ist alles vorhanden, dennoch gibt es nur ganz wenige Hotels oder private Unterkünfte, die über die  entsprechende Ausstattung verfügen. Um Teilhabe, Inklusion und Barrierefreiheit auch hierzulande im Tourismus zu verwirklichen, haben wir noch viel zu tun!

Foto: Heike Beyerlein

Judith Nothdurft

Unternehmensberaterin und Honorardozentin mit Spezialisierung auf die Kommunikation mit Hörbehinderten und Gehörlosen, Beratung zu den Themen Barrierefreiheit und Inklusion

 Das Thema "Mit dem CI auf Reisen" ist Schwerpunkt der Schnecke Nr. 120.


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