1. September 2020

Wegweisend: Internationaler Versorgungsstandard bei CI-Implantationen

Ein neuer weltweiter Zusammenschluss von 31 HNO-Chirurgen und Audiologen sowie sieben Vertretern von Patienten- und Fachverbänden aus über 13 Ländern treten für bessere Standards bei der Hörgesundheit von Erwachsenen ein.

Der erste weltweite Konsens zur Verwendung von Cochlea-Implantaten (CI) für die Behandlung von Erwachsenen mit Hörverlust u.a. bei der Diagnose, Überweisung, Behandlung und Nachsorge wurde nun im JAMA Otolaryngol Head Neck Surgery veröffentlicht.¹

Für Professor Thomas Lenarz, Mitvorsitzender des Steuerkomitees und Klinikdirektor der Hals-Nasen-Ohrenklinik der Medizinischen Hochschule Hannover, ist das Konsenspapier ein Meilenstein bei der Behandlung von Hörverlust. „Bis heute gab es keine einzige internationale Vereinbarung über die beste Möglichkeit, schweren bis an Taubheit grenzenden Hörverlust bei Erwachsenen zu diagnostizieren und zu behandeln“, so Lenarz. „Dieses Papier enthält eine Übersicht des ersten weltweiten Konsens darüber, wie wir die Versorgung von Erwachsenen mit schwerem bis an Taubheit grenzendem Hörverlust optimieren können. Die Empfehlungen für Chirurgen, Audiologen und Gesundheitsdienstleister sind vollkommen klar.“

Das Konsenspapier enthält 20 Stellungnahmen zu sieben Kategorien für Erwachsene mit schwerem, an Taubheit grenzendem Hörverlust oder moderat bis an Taubheit grenzend abfallendem Schallempfindungshörverlust auf beiden Ohren. Jede Erklärung wurde von den Ausschussmitgliedern nach Beratung durch Vertreter eines Consumer and Professional Advocacy Committee (CAPAC) aus Konsumenten und Experten beschlossen. Die Kategorien umfassen u.a.:

1. Bekanntheit von Cochlea-Implantaten
2. Best-Practices für klinische Behandlungspfade in der Diagnosestellung
3. Best-Practice-Richtlinien für chirurgische Eingriffe
4. Klinische Wirksamkeit von Cochlea-Implantaten
5. Einfluss bestimmter Faktoren auf die Implantation selbst und ihre Ergebnisse
6. Zusammenhang zwischen Hörverlust und Depression, Kognition und Demenz
7. Mit Cochlea-Implantaten verbundene Kosten

Lenarz fügt hinzu: „Aus diesen Empfehlungen können eines Tages Leitlinien für die klinische Praxis entwickelt werden. Solche Leitlinien könnten weltweit den Zugang zu Cochlea-Implantaten steigern, Ungleichheiten in der CI-Versorgung adressieren und zu einer Verbesserung der Hör- und Lebensqualität von Erwachsenen mit beidseitigem Hörverlust führen, die als Kandidaten für ein CI infrage kommen.“

Die Mitvorsitzenden des CAPAC, Barbara Kelley, Executive Director der Hearing Loss Association of America, und Dr. Harald Seidler, ehemaliger Vorsitzender des Deutschen Schwerhörigenbundes (1996–2019) und selbst CI-Träger, lobten das Potenzial des Konsenspapiers, Menschen mit Hörverlust zu helfen. „Hörverlust wird weltweit unterschätzt. Millionen von Menschen auf der ganzen Welt könnten von einer lebensverändernden Hörlösung, wie dem Cochlea-Implantat, profitieren. Aufgrund eines geringen gesellschaftlichen Bewusstseins und uneinheitlicher Standards können jedoch bis zu 95 Prozent der Erwachsenen ohne diese lebensverändernde Technologie das Nachsehen haben“, so Kelley.

„Dies ist die erste internationale Partnerschaft überhaupt, die sich speziell mit der Verbesserung der Versorgung von Erwachsenen beschäftigt, die von einem Cochlea-Implantat profitieren könnten. Durch die Kombination des Expertenwissens von Chirurgen und Audiologen mit den Erfahrungen von Erwachsenen, die mit Hörverlust leben, wird dieses Papier wesentlich dazu beitragen, Menschen bessere Ergebnisse beim Hören und der Lebensqualität zu verschaffen“, betont Seidler.

Klicken Sie zum Anzeigen des Konsenspapiers sowie der vollständigen Methode und Konsenserklärung

Eine Stellungnahme mit Untertiteln von Professor Thomas Lenarz zum Thema gibt es hier

Quellenangabe
1 Buchman CA et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surgery, 2020


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