3. November 2021
Zahnärztin Dr. Kirsten Keppler - Beruf mit CI
Zwischen fünf und sechs Jahren trat bei Kirsten Keppler eine Hörverschlechterung ein. Bis heute ist die Ursache dafür unbekannt. 2011 bekam sie ihr erstes CI. Für Keppler wie ein Sechser im Lotto. Heute steht die Zahnärztin mitten im Berufsleben – mit gut laufender eigener Praxis in Heimsheim nahe Pforzheim.
"In Frankfurt habe ich Zahnmedizin studiert, an der Unizahnklinik in Freiburg promoviert. Das Studium war eine
schwierige Zeit. Damals trug ich beidseitig Hörgeräte. Ich habe viel vom Mund abgelesen. Am Anfang meines Arbeitslebens nutzte ich eine FM-Anlage, die ich vom Integrationsamt bekommen habe. Das war eine große Erleichterung. Ich habe die Patienten über meine Hörschädigung aufgeklärt. Die Reaktionen waren sehr positiv. Das Berufsleben war dennoch kräftezehrend. Irgendwann war alles ausgereizt. Dann wurde ich mit CIs versorgt. Es war, als hätte man mir ein neues Leben geschenkt. Die Hörschädigung war kein Thema mehr. Als Zahnärztin muss ich gut zuhören können. Angstpatienten muss ich z.B. ihre Furcht nehmen, in dem ich mich einhöre. Ein beson-derer Service in unserer Praxis: Bei der Anamnese fragen wir mit einem Fragebogen ab, ob der Patient hörgeschädigt ist."
„Die Zahnmedizin ist spannend. Es gibt viele unterschiedliche Bereiche wie Implantologie oder Wurzelbehand-lungen, aber auch Personalführung und das Management der eigenen Praxis. Bei einer Untersuchung fragte ein Junge mal, ob ich da hinten ein Radio habe. Ich habe ihm erklärt, dass ich ein künstliches Ohr habe. Da sagte dieser, dass er das auch möchte. Mit dem Team bin ich auf Augenhöhe. Wenn ich jemanden einstelle, achte ich darauf, ob die Person nuschelt und ob sie mit meiner Hörschädigung ein Problem hat oder entgegenkommend ist. Schließlich bin ich auf Rücksichtnahme angewiesen. Schwierig ist es, wenn der Kollege oder die Zahnarzthelferin einen Mundschutz trägt. Diese habe ich dahin geschult, dass sie mich an der Schulter antippt, wenn ich etwas nicht
höre. Vom Integrationsamt habe ich eine Telefonassistenz bekommen. Diese hört und schreibt mit. Vor allem bei Zahlen, Fremdwörtern und Namen ist das eine super Sache.“
„Das Musizieren ist für mich ein guter Ausgleich zur Arbeit. In meiner Freizeit spiele ich Klavier und diatonisches Akkordeon. Damit habe ich auch Auftritte in Frankreich. Seit meinem 4. Lebensjahr verbringe ich den Sommer in Frankreich. Ob französisch, englisch oder spanisch – ich lerne gerne Sprachen. Seitdem ich CIs trage, fällt mir dies noch leichter. Ehrenamtlich habe ich schon eine Musiktournee geleitet. Das hat viel Spaß gemacht. Die Musik klingt mit den CIs anders, aber nicht schlechter. Daneben male, tanze, lese und reise ich gern. Außerdem habe ich einen Hund und zwei Papageien. Tiere liegen mir – neben der Musik – sehr am Herzen. Mit den CIs ist alles einfacher geworden und ich habe mehr Energie für neue Dinge.“
Dieser Artikel erschien zuerst in der Schnecke 105/September 2019.
Text: Nadja Ruranski,Fotos: privat
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