28. April 2020

Die Welt ein bisschen bunter machen…

Wie aus einer Mitmachaktion eine CI-Aktion wurde, berichtet uns Sabrina Franze.

Es scheint momentan kein anderes Thema mehr zu geben: im Radio, im Fernsehen, in der Zeitung: das Corona virus (COVID-19). Viele Verhaltensregeln wurden für Deutschland aufgestellt und unter dem Motto #Stayhome Aktionen ins Leben gerufen, unter anderem von pflege- und ärztlichem Personal, um die Menschen zu bitten, zu Hause zu bleiben.

Was bedeutet dies für uns? Abschirmung über Tage oder gar Wochen? Zu Hause – das klingt doch erst einmal verlockend. Zwar arbeite ich wie viele andere im Homeoffice, aber da Treffen mit Freunden nicht mehr möglich sind, bleibt viel Freiraum. So einige Projekte umzusetzen, für die sonst nie Zeit ist, fallen mir ein. Realisierbar bei plötzlicher Isolation sind sie trotzdem nicht. Da ich mich gern kreativ beschäftige, nahm ich also stattdessen Pinsel und Farbe in die Hand.

Schon länger verfolge ich im Internet diverse kreative Blogs und Gruppen. Auf Facebook entdeckte ich sogenannte „Steingruppen“, die es in vielen Regionen Deutschlands gibt. Die Idee dahinter ist letztlich immer die Gleiche: Menschen eine Freude machen. Man bemalt Steine mit unterschiedlichsten Motiven, legt diese bei einem langen Spaziergang aus und wartet, bis sie gefunden werden. Wenn man Glück hat, postet ein Finder ein Foto deines Steins in der jeweiligen regionalen Steingruppe im Internet. Natürlich kann man sich auch selbst auf die Suche machen und Steine entdecken. Mir gefiel die Idee, denn wer würde sich nicht darüber freuen, an einem bedrückenden Tag in dieser Zeit irgendwo auf dem Weg einen kleinen Stein mit einer süßen Botschaft zu finden?

Als ich nun meine ersten selbstbemalten auslegen wollte, fand ich auch zum ersten Mal selbst Steine. Einer der Steine hatte die Aufschrift „HOPE“ (engl. Hoffnung). Das lies mich nachdenken. Und in mir reifte die Idee, Figuren mit einem Cochlea Implantat (und Gebärdensprache) auf die Steine zu malen, und somit auch anderen Menschen Mut und Hoffnung zu machen, auch in schwierigen Situationen nicht aufzugeben.

Da ich mich für bilinguale Kommunikation einsetze, sind mir beide Themen sehr wichtig: Hörsysteme und Gebärdensprache. Somit fing ich an, meine Idee kreativ umzusetzen. Ich bemalte Steine mit Gebärden und Cochlea Implantate und setzte diese in der Natur aus.

Schon am gleichen Tag erhielt ich ein Gruppen-Post in meiner Stadtgruppe „Röder-Steine“, dass meine Steine mit einem Cochlea Implantat gefunden wurden.

Eine Steine-Finderin schrieb: „Sabrina, ich sehe ein Ohr und…? Außerdem habe ich über den Spruch „Taub und trotzdem hören“ nachgedacht. Was bedeutet das denn (für dich)?“

Ein anderer schrieb: „Oh mein Gott, das ist ja toll, ich wusste gar nicht, dass es so ein Implantat gibt! Und damit kann man wieder hören?“ Ich beantwortete weitere Fragen und klärte auf. Im Nachhinein freue ich mich, dass eintraf, was ich mit meiner Mal-Aktion erreichen wollte.

Um die Isolation weiterhin gut zu überstehen, kann ich nur ermutigen, ebenfalls eine Stein-Gruppe zu suchen und vielleicht werden so noch einige andere Cochlea-Steine auf die Reise geschickt und machen somit die Welt ein bisschen bunter.

Sabrina Franze
Selbsthilfegruppenleiterin des CI-Netzwerks „DazuGeHören“ im Kreis Offenbach, Audiotherapeutin und Peerberaterin der EUTB

 Fotos: privat

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