29. Oktober 2021

CIC Schleswig-Kiel: Gemeinsam zum Erfolg

Am 22. Oktober 2021 feierte das CIC (Cochlea Implant Centrum) Schleswig-Kiel sein mittlerweile 26-jähriges Bestehen. Freunde, Angehörige, Mitarbeiter und Unterstützer trafen sich sowohl in Kiel als auch im Online-Meeting, um neben dem Geburtstag auch noch die Auszeichnung zum Audiologischen Zentrum zu zelebrieren. Eine gelungene Veranstaltung, durch die sich die gelebte interdisziplinäre Arbeit im und am CIC wie ein roter Faden zog.

 Bildungsministerin Karin Prien spricht ihr Grußwort

Publikum der hybriden Veranstaltung im Landesförderzentrum Hören und Kommunikation Schleswig

Interdisziplinär, was genau bedeutet das? Im Fall des CIC ist damit die Zusammenarbeit der Fachbereiche Medizin, Technik und Pädagogik gemeint. Erst durch die enge und stetig weiterentwickelte Verzahnung dieser Bereiche konnte und kann das CIC Schleswig-Kiel die Qualität in der Entwicklung, Forschung, Implantation und der Vor- und Nachsorge gewährleisten, für die das Centrum heute steht.

In einer äußerst spannenden Gesprächsrunde erörterten Dr. Goetz Brademann vom UKSH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein als Vertreter der Medizin, Dr. Matthias Hey (Audiologe) als Vertreter der Technik und Pascal Thomann, Hörgeschädigtenpädagoge im CIC, ihre weitreichende Zusammenarbeit. „Wir haben uns dem Wunsch der Patienten gestellt, interdisziplinär von den verschiedenen Fachrichtungen versorgt zu werden“, sagte Matthias Hey. „In diesem Sinne sind wir seit vielen Jahren aufgestellt. Jetzt auch als Audiologisches Zentrum zertifiziert worden zu sein, ist natürlich ein weiterer großer Schritt für uns.“ Dr. Brademann gehörte damals zu den Gründern des CIC. „Wir wollten damals die Kommunikation beim Lippenlesen verbessern“, berichtete Brademann über die Anfänge. „Und heute können wir mit einem CI deutlich bessere Erfolge als mit dem Hörgerät verzeichnen.“

„Wir haben die Patienten stets gemeinsam im Blick“

Bei dieser Entwicklung hat selbstverständlich auch die pädagogische Seite einen großen Einfluss. „Wir sind mittlerweile bei 270 Patienten angekommen, welche wir intensiv betreuen“, sagte Pascal Thomann. „Wir haben die Patienten stets gemeinsam im Blick und können so jeden einzelnen individuell begleiten und die bestmögliche Form der Hörentwicklung zuteil werden lassen.“ Allen Patienten wird ein Logopäde zur Seite gestellt, zudem gibt es das Angebot sogenannter Peergroups, also ein Lernen innerhalb möglichst altershomogener Gruppen. Das CIC ist auch immer Ansprechpartner für die Familien der Patienten, was natürlich gerade im Alltag beim Neu- oder Wiedererlernen des Hörens hilfreich ist.

Pionier Prof. Dr. Norbert Dillier, Zürich

Prof. Dillier und die Kodierungsstrategie

Prof. Brademann fasste den interdisziplinären Ansatz gut zusammen: „All 4 One – alle arbeiten dafür, dass es für den CI-Patienten von Erfolg gekrönt ist.“ Diesem Motto folgten letztlich auch die interessanten Vorträge. Angefangen bei Prof. Norbert Dillier vom Universitätsspital Zürich, einem der Pioniere der CI-Arbeit, ohne dessen Arbeit eine Anpassung von CI-Systemen bei kleinen Kindern heute kaum denkbar wäre. Prof. Dillier selbst ist gelebte interdisziplinäre Zusammenarbeit, hat er nicht nur schon sehr früh Operationen vorgenommen, sondern ist bis heute in der Entwicklung der Technik tief verwurzelt. So arbeitet er zusammen mit Kollegen derzeit an einer Kodierungsstrategie, welche in der Theorie unter anderem zu einer besseren Wahrnehmung von musikalischen Tönen führt.

 

Prof. Dr. Carsten Schulz, Kiel

Mit der „Theory of Mind“ die Förderung von Kindern mit Hörschädigung vorantreiben

Prof. Carsten Schultz von der Christian Albrechts-Universität Kiel wagte einen interessanten Blick in die Versorgungswege der Zukunft. Sein Fokus lag dabei auf der Frage: Wie kann ich über digitale Anwendungen die Hörgeräteversorgung verbessern? In diesem Bereich scheint in den kommenden Jahren noch erhebliches Potenzial vorhanden zu sein. Prof. Vanessa Hoffmann von der HAW Hamburg führte das Publikum dann in den Bereich der Pädagogik. Mit ihrem Vortrag „Warum hat Schneewittchen in den Apfel gebissen?“ zeigte die die Logopädin das sogenannte Konzept der „Theory of Mind“, welches in der „Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen bei Kindern mit Hörschädigung“ Anwendung findet. Pädagogen verstehen darunter die Fähigkeit, sowohl sich selbst, aber auch dem Gegenüber mentale Zustände zuzuschreiben.

 

Prof. Dr. Carsten Plotz, Oldenburg

In Frankreich werden gehörlos geborene Kinder nur einseitig versorgt

Prof. Karsten Plotz von der Jade Hochschule aus Oldenburg zeigte in seinem Vortrag hinsichtlich des Aspekts des asymmetrischen Hörens die individuellen Probleme auf, die bei der Frage „Welches Ohr soll CI-unterstützt werden, das bessere oder das schlechtere?“ auftreten können und kommt zu dem Schluss: „Das bessere Ohr ist nicht immer das richtige“. Ein weiterer Punkt in seiner Rede sorgte derweil für ordentlich Gesprächsbedarf. So erklärte Plotz, dass es in Frankreich nicht (wie bei uns in Deutschland) üblich ist, taub geborene Kinder beidseitig mit CI zu versorgen. Als Grund für diesen Umstand nannte er das Fehlen eines audiologischen Konzepts in Frankreich, welches den Nutzen zweier CI nachweist. Ein solches müsse schnellstens entwickelt werden.

 

Prof. Dr. Ulrich Hoppe, Erlangen

Von Bildgebung und pädagogischer Audiologie

Professor Ulrich Hoppe vom Universitätsklinikum Erlangen gab dann einen kurzen Einblick in die Welt der Bildgebung bei einer CI-Transplantation. Er zeigte anhand von früheren wie auch aktuellen Aufnahmen, wie OP-Teams bei einer Transplantation den korrekten Sitz des Implantats bestimmen können. Mit einem rein pädagogischen Vortrag von Hans-Jörg Wüst vom LBZ Hildesheim zum Thema „Was lernt das Kind beim Hörtest? Der Bildungsauftrag der pädagogischen Audiologie“ fand die Veranstaltung ein würdiges Ende.

Ein Satz, mit dem Prof. Dr. Petra Ambrosch, Direktorin der HNO-Klinik des UKSH Kiel, den Nachmittag einleitete, hätte auch wunderbar als Schlusssatz dienen können. „Im Land Schleswig-Holstein liebt man die Leuchttürme. Ich darf heute feststellen: Das CIC hat sich zu einem weithin sichtbaren Leuchtfeuer entwickelt.“ (ng)

 

Prof. Dr. Vanessa Hofmann, Hamburg

Fotos: Landesförderzentrum Hören u. Kommunikation Schleswig


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