4. Oktober 2022

Wahlprüfstein 4: Ergänzung der Merkzeichen bei Anerkennung der Schwerbehinderung

Folgende Merkzeichen werden bei Hörbehinderung gewährt: RF (TV-Gebührenermäßigung), GL (Ge- hörlos), Tbl (Taubblind). Lautsprachlich orientierte hochgradig schwerhörige und ertaubte Menschen betrachten sich nicht als gehörlos und kreuzen daher das Merkzeichen „GL“ nicht an.

Dadurch entge- hen ihnen die zustehenden Nachteilsausgleiche. Ein neues Merkzeichen „ERT“ (Kürzel für „Ertaubt/ hochgradig schwerhörig“) wird empfohlen.

Sieht Ihre Partei diese Forderung als berechtigt an und wird sie versuchen, über den Bundesrat für Änderungen sorgen? Falls nein, wären wir für eine ausführliche Be- gründung dankbar, warum es als hinnehmbar angesehen wird, dass ein großer Teil von Menschen mit Hörbehinderungen ihrer Nachteilsausgleiche beraubt wird?

Antwort der SPD: Das Land Niedersachsen ist in dieser Frage nicht unmittelbar zuständig. Die Forderung halten wir aber für berechtigt und haben uns daher bereits in der Vergangenheit mit mehreren Initiativen für die Einführung neuer Merkzeichen eingesetzt. Das werden wir auch zukünftig tun.

Antwort der CDU: "GL" steht als Merkzeichen für "Gehörlos". Gehörlos sind laut Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung, Teil D, nicht nur Hörbehinderte, bei denen Taubheit beiderseits vorliegt, sondern auch Hörbbehinderte mit einer an Taubheit grenzenden Schwerhörigkeit beiderseits, wenn daneben schwere Sprachstörungen (schwer verständliche Lautsprache, geringer Sprachschatz) vorliegen. Das sind in der Regel Hörbehinderte, bei denen die an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit angeboren oder in der Kindheit erworben worden ist. Die Einführung eines weiteren differenzierenden Merkzeichens ist daher nicht notwendig.

Antwort BÜNDNIS 90/ GRÜNE: Selbstverständlich sollten auch hochgradig schwerhörige oder ertaubte Menschen die Ihnen zustehenden Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen können. Ob es dafür ein eigenes (neues) Merkzeichen braucht, oder ob das bestehende Merkzeichen GL so modifiziert werden kann, dass auch die besagte Gruppe davon profitiert, wäre zu prüfen.

Antwort Die Linke: Menschen, die hochgradig schwerhörig sind, fallen aus unserer Sicht unter die Regelungen der rechtsverbindlichen UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Daher sollte ihnen ein entsprechendes Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis zugewiesen werden und die damit verbundenen Nachteilsausgleiche bedarfsgerecht garantiert und gewährt werden.

Antwort FDP: Aus unserer Sicht ist die Ergänzung eines solchen Merkzeichens sinnvoll und wir werden uns für eine
Aufnahme einsetzen.


Hintergrund und Position des DSB

Für Menschen mit Hörbehinderungen gibt es bei der Anerkennung der Schwerbehinderung folgende speziellen Merkzeichen: RF (TV-Gebührenermäßigung), GL (Gehörlos), Tbl (Taubblind), andere Merkzeichen können im Einzelfall hinzukommen. 

Ein eigenständiges Merkzeichen für lautsprachlich orientierte hochgradig schwerhörige und ertaubte Menschen gibt es nicht. Diese – wesentlich mehr Menschen als Gehörlose umfassende - Gruppe von Menschen mit Hörbehinderungen betrachtet sich nicht als gehörlos und kreuzt daher das Merk- zeichen „GL“ nicht an. Dadurch entgehen ihnen die eigentlich nach dem Schwerbehindertengesetz zustehenden Nachteilsausgleiche. 

Aus diesem Grunde fordert der DSB Nds. die Einführung eines neuen Merkzeichens „ERT“ (Kürzel für „Ertaubt/ hochgradig schwerhörig“) für hochgradig schwerhörige und ertaubte Menschen. 

Weitere Wahlprüfsteine

Neben Antworten der Parteien, sind dort Hinergründe und die Position des DSB Nds. aufgeführt.

Autor der Prüfsteine ist der 1. Vorsitzende des DSB Nds., Rolf Erdmann. 

 


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