21. März 2024

15 Jahre CI-SHG Südwestfalen

Am Samstag, 02. März 2024 feierte die Cochlea-Implantat Selbsthilfegruppe Südwestfalen ihr 15-jähriges Bestehen mit einem Festakt in der Weißen Villa in Kreuztal. Die Leiterin Ricarda Wagner begrüßte rund 130 Gäste. 

Foto: Bernadette Büdenbender

Professor Thomas Lenarz von der Medizinischen Hochschule Hannover referierte über die Anfänge der Cochlea-Implantate (CI) und wie das Hören in Zukunft ermöglicht werden könnte. Kindern möchte man mit einem CI die Welt der Hörenden eröffnen. Erwachsene bekommen die Möglichkeit, wieder in der Welt teilzunehmen. 

Von der Wahrnehmung von Geräuschen zum Sprachverstehen

Während in den 1980er Jahren mit einem CI nur Geräusche hörbar waren, ist die Entwicklung bis heute soweit, dass für die meisten Implantierten Sprachverstehen möglich ist. Hören mit Implantat kann schnell erlernt werden. Der Hörerfolg ist jedoch abhängig von der Dauer der Ertaubung. Voraussetzung für ein CI ist immer, dass das Innenohr richtig angelegt ist. 

Als Indikation gelten unter anderem einseitige Taubheit, Hochtaubheit, hochgradige Schwerhörigkeit bei Kindern und Erwachsenen. Die OP-Techniken sind mittlerweile standardisiert; die Erhaltung des Restgehöres hilft, den Erfolg für ein Implantat zu steigern. In Zukunft möchte man unter anderem die Hörergebnisse noch mehr verbessern, die Hörerhaltung durch biologische Therapien ermöglichen, voll implantierbare Systeme nutzen und das Hören mit CI so natürlich wie möglich machen. 

Natürliches Hören mit implantierbaren Hörsystemen

Foto: Bernadette Büdenbender

Professor Jonas Park, St.-Josef-Hospital Hagen, referierte über aktuelle Möglichkeiten bei implantierbaren Hörsystemen wie zum Beispiel VSB-Couplets Implantat, Vibrant-Soundbridge, BAHA-System, die Betroffenen ein natürliches Hören ermöglichen sollen. Zur Verdeutlichung zeigte Professor Park einige kleine Videosequenzen. 

Bedeutung der Selbsthilfegruppen

Weiter stellte er den Einfluss der Selbsthilfegruppen (SHG) in den Vordergrund, die den Hörgeschädigten ein Zugehörigkeitsgefühl vermitteln und emotional näher an den Menschen sind. Außerdem bieten SHG den Austausch von praktischen Informationen. Die soziale Unterstützung, der Wissensaustausch, die psychosozialen Vorteile und das Empowerment bieten den Betroffenen Hilfe zur Selbsthilfe. 

Kommunikation auch bei Tieren und Pflanzen

Foto: Bernadette Büdenbender

Doktor Elmar Spyra von der Median Klinik am Burggraben Bad Salzuflen, referierte zum Thema „Dabei sein ist nicht immer alles….“. Über die Kommunikation bei Tieren durch Laute, Infraschall, und individuelle Laute bis hin zu Pflanzen. Tomaten können zum Beispiel „klicken“, wenn es ihnen schlechter geht. Doktor Spyra spannte den Bogen bis zu der Welt, in der wir Menschen hören. Hören ist unsere akustische Welt, die sich verändert, wenn sich das Hörvermögen ändert. Über den Sinn des Hörens, welches den Menschen unter anderem Freude macht und Sicherheit gibt, berichtete er über die Folgen von Schwerhörigkeit. 

Fehlverstehen sät Zweifel und sorgt für Konflikte

Das Fehlverstehen verbunden mit Fehler machen kann für Zweifel an anderen Menschen und sich selber sorgen; es entstehen somit Konflikte, die zu einem sozialen Rückzug und Stimmungsschwankungen sorgen können. Auch die Konzentration und das körperliche Verhalten bei Schwerhörigkeit können sich verschlechtern. Neben den sozialen, beruflichen finanziellen und körperlichen Folgen, können auch eine Demenzentwicklung durch schlechtes Hören und eine ausgeprägte körperliche und psychoemotionale Erschöpfung entstehen. 

Daher sind eine therapeutische Behandlung für die Betroffenen von Bedeutung. Dazu gehören zum Beispiel fachärztliche Untersuchung und Diagnostik, Optimierung des Hörvermögens, der Austausch mit Betroffenen, Kommunikationstraining, Audiotherapie, das Kennenlernen von technischen Hilfsmitteln, Psychotherapeutische Beratung, die Vermittlung in eine Selbsthilfegruppe sowie Sozialberatung.

Umgang mit schwierigen Hörsituationen

Der Audiotherapeut Peter Dieler, Median Klinik Bad Salzuflen, zeigte Möglichkeiten auf, mit schwierigen Hörsituationen umzugehen. Sein Motto ist, dass man sich nicht schlecht fühlen muss, wenn mal etwas nicht klappt. Er machte den Betroffenen Mut im Umgang mit ihrer Schwerhörigkeit. Er sagte: „Wenn ich will, dass der Andere auf mich eingeht, muss ich selbst erklären, was ich brauche! Ich muss meinem Helfer beim Helfen helfen!“ und  „Unwissende muss ich schlau machen!“ 

CI bekannt machen wie Herzschrittmacher

Der Vorstand des Cochlea-Implantat-Verbandes NRW e.V., Marion Hölterhoff, berichtete über die Selbsthilfe, die in der Hörimplantat-Versorgung ein wichtiger Bestandteil ist. „Selbsthilfegruppen haben sich im Laufe der Geschichte immer dort gebildet, wo eine Gruppe von Menschen in gemeinsamer Not war und ihre Situation erkannte“. Daher sei es für die Hörgeschädigten wichtig, das CI so „bekannt zu machen wie ein Herzschrittmacher“. 

Besondere Bedeutung der Selbsthilfe nach einer OP

Die Bedeutung der Selbsthilfe ist für Betroffene insbesondere vor und nach einer OP erhöht, Hörgeschädigte befinden sich als „Gleicher unter Gleichen“ in der Gruppe. Außerdem bieten die Selbsthilfegruppen eine qualifizierte Beratung, die unabhängig ist und ohne Vorurteile, Panikmache und ohne Fehlinformationen. Auch eine Vernetzung mit kompetenten Partnern hilft dabei. Die Digitalisierung hat ebenfalls in der Selbsthilfe Einzug gehalten. Zwei Beispiele sind zum Beispiel das Hör-Wiki www.hoerenplus.tech und die DOA NRW (Wir sind zusammen ein WIR)

Selbsthilfe als politische Interessenvertretung

Die Selbsthilfe ist in der Politik angekommen und wird im Gesundheitswesen immer wichtiger. Daher lautet die Devise in der SHG: Stärkt das Wissen und die Bedürfnisse sowie die Rechte und Möglichkeiten für die Hörgeschädigten. „Nichts über uns, ohne uns“! 

Begleitet wurde die Veranstaltung durch die Moderation durch Doktor Gerd-Donald Ramsch. Dank einer IndukTiven Höranlage und der Schriftdolmetscher sowie angebotener Bügelkopfhörer, konnten die Besucher die Referenten sehr gut verstehen und das gesprochene Wort bei Bedarf mitlesen.

Zum Rahmenprogramm gehörte auch ein kleines Caterina in der Pause. Dort und am Rande der Vorträge hatten Besuche die Möglichkeit sich bei Ausstellern zu informieren und beraten zu lassen. Es waren Hören & Verstehen Brandes, Humantechnik, MedEl, Cochlear, Ton & Technik Matthias Scheffe, Advanced Bionics, Phonak und der Integrationsfachdienst Siegen-Olpe.

Foto: Bernadette Büdenbender

Zum Abschluss bedankte sich Ricarda Wagner bei allen, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben – den Sponsoren, Referenten, Ausstellern, Schriftdolmetschern, allen Förderern, Unterstützern und Freunden sowie Besuchern für ihr Kommen, das Entgegenkommen jeglicher Art sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit und wünschte einen guten Heimweg.

CI-SHG Südwestfalen, Bernadette Büdenbender

Fotos: Bernadette Büdenbender


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